Overwriting vermeiden
Die ultimative Checkliste für knackigere Geschichten
Hey Wölfe. Der heutige Beitrag handelt von „Overwriting vermeiden“. Aber zu erst setzen wir uns mit der Kernfrage auseinander: Was ist Overwriting? Und wie erkennst du es in deinem Text?
Denn das sind genau die Fragen, die einen während des Schreibens mehr als einmal quälen. Also schnapp dir dein Notizbuch, vielleicht lernst du ja noch ein paar Tricks. Und setz dich gerne ans Lagerfeuer zu Kayla und dem Wolf, die schon auf dich warten und gespannt auf das Thema: „Overwriting vermeiden“ warten. Direkt danach setz dich an deinen Schreibtisch und lass deine Fantasie arbeiten, wie es unser Schreiberling hier tut.
Overwriting: Wenn der Text vor Cappuccino-Schaum überschäumt
Du kennst das: Du willst eine spannende Szene schreiben – und plötzlich klingt dein Text, als hätte er sich in einem Theaterfundus verlaufen. Oder aber er explodiert förmlich vor zu vielen Ideen. Ja, sowas gibts tatsächlich. 😂 Deswegen lernen wir heute auch wie man Overwriting vermeidet.
Zu viele Adjektive, zu viele Schleifen, zu viele „Wow-Effekte“, die sich gegenseitig übertönen. Aber du willst nichts davon streichen. Oder aber weißt nicht, wo du genau ansetzen sollst.
Kayla flüstert: „Oder anders gesagt – dein Text trägt Glitzerleggins und eine Tonne Make-up, obwohl es nur Brötchen holen wollte.“
Das ist Overwriting: zu viele Adjektive, überladene Bilder, endlose Sätze. Kurz gesagt: Text-Dekoration im XXL-Format. Na, wiedererkannt? Ich schon, denn ich liebe es, so viele Adjektive, wie ich kenne, in einen Satz zu packen. Natürlich nicht mit Absicht. Aber mit Freude. 😊
Beispiele: So klingt Overwriting (und so nicht) …
👎 Overwriting:
„Ihre smaragdgrünen Augen funkelten wie glitzernde Juwelen in der tiefschwarzen Dunkelheit der mondlosen Nacht, während ihre zittrigen Hände die kalte, harte Metallklinke umklammerten, die sich anfühlte wie das eisige Herz eines längst vergessenen Königs.“
👉 Knackiger:
„Ihre Augen funkelten, als sie die kalte Klinke umklammerte.“
Die zweite Version ist klarer, schneller, stärker. Kein überschreiben. Die erste klingt nach „Literaturpreis im Drama“. Und auch bei der kürzeren Version versteht der Leser, was da vor sich geht und wie die Figur sich gerade fühlt. Na, verstanden, wie das „Overwriting-vermeiden“ funktioniert? Worauf du achten solltest? Dann viel Spaß beim ausprobieren.
Kayla: „Oder nach dem Versuch, eine Türklinke sexy zu machen und sie zum best möglichen Preis zu verhöckern. Spoiler: Es klappt nicht.“
Warum Overwriting dein Leserherz bricht …
- Es bremst die Handlung. Statt „Action“ gibts „Satzgymnastik“.
- Es klingt unecht. Kein Mensch beschreibt so das Anfassen einer Türklinke. (Na ja, es gibt Ausnahmen. 😉)
- Es nervt. Und genervte Leser springen ab. (Habs ja verstanden.)
Checkliste:
Bin ich gerade am Overwriten?
- Hast du drei oder mehr Adjektive in einem Satz? 🚨
- Würde mein bester Freund sagen: „So redest du nie im echten Leben“?
- Könnte man denselben Satz mit 50 % weniger Wörtern klarer machen?
- Habe ich gerade einen Vergleich mit Naturphänomenen, Juwelen oder königlichen Organen gezogen?
- Würde ein:e Testleser:in nach Luft schnappen, bevor er den Satz laut zu Ende liest?
Kayla: „Wenn deine Leserin blau anläuft, ist es nicht Spannung – es ist Erstickung.“
Pauli: „Da bin ich voll bei dir, Kayla. Jedoch musste ich mit großem Entsetzen feststellen, dass ich alle Fragen mit „Ja“ beantwortet hatte. Meinst du, es gibt noch Hoffnung für mich?“
Kayla: „Wenn du dich in Zukunft beim Überarbeiten an die Checkliste hältst, wirst du auf jeden Fall deinen verbalen Durchfall verringern können.“ 😜
Pauli: „Danke, Kayla. Es macht immer wieder Spaß, mit dir über das Schreiben zu diskutieren. Du bist stets so erfrischend ehrlich.“
Übungen gegen Overwriting:
- Die Hemingway-Diät: Schreibe deine Szene, dann streiche jedes zweite Adjektiv. Lies laut. Klingt’s besser? Behalten.
- Zwei-Satz-Regel: Erlaube dir maximal zwei Sätze, um eine Szene zu beschreiben. Danach muss Handlung folgen.
- Dialog-Test: Lies den Text wie einen Dialog. Würde jemand das wirklich so sagen oder denken? Nein? Dann weg damit.
- Kill your Darlings light: Statt gleich alles herauszuschmeißen, mach zwei Versionen: eine überladene, eine knackige. Vergleiche. Dein Bauch sagt dir sofort, welche Version lebendiger wirkt.
Kayla: „Und nein, dein Bauch meint nicht ‚die mit den meisten Adjektiven‘.“
Vorher-Nachher-Szene: Der Beweis
👎 Overwriting:
„Die Sonne, ein brennender Feuerball, der wie ein uralter Gott vom Himmel herabblickte, tauchte die flachen, endlosen Wiesen in ein Meer aus goldenem Licht, das sanft, aber gleichzeitig gnadenlos jede Schattenseite verjagte.“
👉 Knackiger:
„Die Sonne stand über den Feldern und tauchte sie in goldenes Licht.“
Kayla: „Beide Male Sonne. Aber nur eine Version passt auch in die WhatsApp-Nachricht, wenn du zu spät zum Grillen kommst.“
Pauli: Stimmt! So oder so kommt man ja zu spät. Also, wieso dann so dick auftragen.
Fazit: Trau dich, weniger zu sagen …
Glaub mir, ich weiß genau, wie ihr euch fühlt. Auch mir blieb gerade der Mund offenstehen. Leichter gesagt, als getan. Aber es macht ja Sinn. Niemand will seine zukünftigen Leser verschrecken. Darum halten wir uns an das folgende Bild. Denn das kennt sicherlich jeder. Entweder von damals in der Schule. Oder aber von sich selbst. So oder so ist es einfach zu viel.
Overwriting ist wie zu viel Parfum: Anfangs denkst du „Wow“, aber nach zwei Minuten kriegst du Kopfschmerzen. Dein Text wird stärker, wenn du dich auf das Wesentliche konzentrierst.
Merke:
Ein klarer Satz gewinnt immer gegen einen schwülstigen.
Kayla nickt: „Knapp ist cool.“
Ende:
Sicherlich könnte man noch so einiges hinzufügen. Aber letzten Endes umschreibt es ja auch nur, dass man von zu viel Kuchenessen Bauchschmerzen bekommt. Wenn man es aber geschickt anstellt und nur die treffendsten Adjektive benutzt, dann stärken sie deine Geschichte. Also anstatt alles zu überladen, kurz innehalten und den Text auf sich wirken lassen.
Hilfreich ist hier, den Text auch mal vom Schreibprogramm vorlesen zu lassen. Schon beim Hören einer fremden Stimme fallen euch gleich Sachen auf, die euch beim Weiterlesen hindern. Außerdem klingt eine Computerstimme, die deinen Text vorliest, (noch) befremdlich. Sodass man beim texthören noch mal anders zuhört. Man ist seinem eigenen Text etwas distanzierter. Probiert es mal aus, das hilft ungemein. Sonst endet ihr noch, wie unser Kollege am Schreibtisch. 🤯
Also, meine Wölfe, lasst euch nicht unterkriegen. Ihr könnt es euch auch ganz leicht machen und gar nicht schreiben. Oder aber alle Adjektive einfach stehen lassen. Dann wird das Lektorat aber umso länger dauern und viel teurer ausfallen, als man es sich wünscht. Ihr könnt natürlich auch Texte so gut wie ohne Adjektive schreiben, die dann eher lieblos und leblos wirken. Versucht, eine gute Balance, von Adjektiven zu finden. Dann klappt es auch. Selbst mein Text über „Overwriting vermeiden“ ist viel kürzer, als der vorherige. Hier könnt ihr ihn gern lesen.
Bis bald
Eure Pauli Wolf 🐺🐾
AUUUU…
